Gewerkschaft fordert mindestens 13 Euro StundenlohnGastro-Beschäftigte in den neuen Bundesländern beim Einkommen 37 Prozent unterm Schnitt

25. Oktober 2021

Sie arbeiten dann, wenn andere frei haben, kommen mit ihrem Lohn aber kaum über die Runden: Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte verdienen weit unterdurchschnittlich – und könnten aus Geldsorgen ihrer Branche immer häufiger den Rücken  kehren. Davor warnt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und verweist auf eine Analyse der Hans-Böckler-Stiftung, die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet hat.

Demnach kommen Beschäftigte aus dem Gastgewerbe, die eine Vollzeitstelle haben, in den neuen Bundesländern auf ein mittleres Monatseinkommen von aktuell nur 1.831 Euro brutto. Zum Vergleich: Branchenübergreifend liegt der Median bei Vollzeit in der Stadt bei 2.890 Euro.

„Wenn Hotel- und Gastro-Beschäftigte 37 Prozent weniger verdienen als der Schnitt, dann darf sich keiner darüber wundern, dass sie sich in Zeiten der Corona-Krise einen neuen Job suchen. Denn viele von ihnen mussten monatelang mit dem Kurzarbeitergeld auskommen, ein Teil der Beschäftigten ist noch immer darauf angewiesen. Das sind harte Einbußen bei einem ohnehin niedrigen Einkommen“, betont Uwe Ledwig, Vorsitzender des Landesbezirk Ost der NGG.

Obwohl die Wirte und Hoteliers ebenfalls stark von den Folgen der Corona-Pandemie getroffen seien, müsse nun alles dafür getan werden, Löhne und Arbeitsbedingungen attraktiver zu machen. Gelinge das nicht, dürfte es in vielen Hotels, Gaststätten und Cafés schon bald nicht mehr genügend Personal geben, warnt der Gewerkschafter.  An den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) appelliert die NGG, die  Branche über tarifliche Standards zeitgemäß aufzustellen. Die Gewerkschaft will mit den Arbeitgebern die Tarifverdienste neu verhandeln. In Berlin findet die erste Tarifverhandlung an. Und auch in Brandenburg, Sachsen und Thüringen werden in den kommenden Monaten die Tarifverdienste neu verhandelt.

Es müsse dringend etwas getan werden, um den Beschäftigten eine Perspektive nach der entbehrungsreichen Zeit zu bieten. Viele Probleme hätten dabei lange vor der Pandemie existiert. „Von unbezahlten Überstunden und langen Arbeitszeiten bis hin zu einem rauen Umgangston hinter den Kulissen – viele Missstände sind auch hausgemacht“, so Ledwig. Die NGG wird in den nächsten Tarifverhandlungen eine armutsfeste untere Lohngrenze von 13 Euro für die Branche und eine entsprechende Erhöhung der übrigen Löhne fordern. Fachkräfte müssten aber noch deutlich mehr verdienen. Diese könnten mittelfristig nur gehalten werden, wenn sich die Unternehmen mit der Gewerkschaft zu einer besseren Bezahlung sowie attraktiveren Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bekennen.

„Ein wichtiger Punkt dabei ist eine Stärkung der Tarifbindung. Eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband sollte für Unternehmen nur dann möglich sein, wenn die Tarifverträge akzeptiert werden, die man gemeinsam ausgehandelt hat. Mitgliedschaften ohne Tarifbindung darf es nicht mehr geben“, betont Ledwig. Nach Beobachtung des Gewerkschafters hätten aktuell viele Betriebe eine Mitgliedschaft „ohne Tarifbindung“. Der Trend dazu müsse dringend gestoppt werden, um flächendeckend nicht nur faire Arbeitsbedingungen für das Personal zu haben – sondern auch faire Wettbewerbsbedingungen für die Firmen.