Bedauerlicherweise hat das Bundesverfassungsgericht letzte Woche den Mietendeckel gekippt. Das hat gravierende Folgen für die Mieter*innen in dieser Stadt. Wir wollen einen kurzen Überblick geben, was aktuell zu tun ist. Bitte beachtet, dass alle Angaben hier ohne Gewähr sind. Rechtsverbindliche Auskünfte können allenfalls Mietervereine geben.
- Eventuelle Mietabsenkungen sind rückwirkend ungültig. Ebenso sind vereinbarte Staffelmietverträge rückwirkend wieder gültig. Das bedeutet: Wenn eure Miete abgesenkt wurde, steht dem Vermieter der Differenzbetrag in der Regel zu. Bei der Berechnung des Differenzbetrages sind auch evtl. in der Zwischenzeit fällig gewordene Staffel- oder Indexmieterhöhungen zu berücksichtigen, so sie denn im Mietvertrag vereinbart sind. Während der Geltung des Mietendeckels ausgesprochene Mieterhöhungen können jetzt auch rückwirkend wieder fällig werden, sofern die dreimonatige Klagefrist des Vermieters noch nicht abgelaufen ist.
- Diese Rückzahlung ist sofort fällig, auch ohne Aufforderung durch den Vermieter. Die Rückstände sollten unaufgefordert bis zum 1. Mai nachgezahlt worden sein. Bei Mietrückständen, die höher als eine Monatsmiete sind, kann eine Kündigung drohen.
- Wurde in einem Mietvertrag eine sog. Schattenmiete vereinbart, kommt es auf die konkrete Vereinbarung im Mietvertrag an. Es ist denkbar, dass die Vereinbarungen wegen Verstoßes gegen rechtliche Grundsätze unwirksam sind. Rechtsprechung gibt es hierzu leider noch nicht. Weiterhin gilt die Mietpreisbremse, wonach die Miete bei Vertragsschluss im Grundsatz nicht mehr als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. Es sollte geprüft werden, ob die Schattenmiete gegen die Mietpreisbremse verstößt. Ob mit entsprechenden Forderungen gegen die Rückforderungsansprüche des Vermieters „aufgerechnet“ werden kann, muss im Einzelfall geprüft werden. Jedenfalls besteht bei Verstoß gegen die Mietpreisbremse die Möglichkeit, die überhöhte Miete gegenüber dem Vermieter zu rügen und somit zumindest für die Zukunft die Schattenmiete entsprechend abzusenken.
Es ist in jedem Fall sinnvoll, sich mit dem Vermieter (schriftlich und nachweisbar) in Verbindung zu setzen, um die ausstehenden Mietbeträge zu klären und die Zahlungsmodalitäten zu klären.
Sollte die Nachzahlung aus finanziellen Gründen nicht möglich sein, gibt es folgende Möglichkeiten:
- Bezieher und Bezieherinnen von Wohngeld können sich an das zuständige Bezirksamt wenden, das nach einer Prüfung ggf. die Nachzahlung übernimmt.
- Für Bezieher und Bezieherinnen von Grundsicherung werden die Nachforderungen übernommen. Sie sollten sich an das zuständige Amt wenden.
- Für alle andere mit geringen Einkommen und ohne notwendige Reserven gibt es die Möglichkeit zinslose Darlehen bei der Investitionsbank Berlin zu beantragen. Anspruchsberechtigt sind beispielsweise Einpersonenhaushalte mit einem Einkommen von bis zu 33.600 Euro jährlich. (Das wurde am 20.4. beschlossen. Genaue Auskünfte müssten sehr zeitnah hier erscheinen: www.ibb.de.)
Die landeseigenen Wohnungsgesellschaften und Vonovia haben erklärt, auf solche Nachzahlungen zu verzichten. Es kann sein, dass durch fehlerhafte Formulierungen in den Mietverträgen diese Nachforderungen nicht erforderlich sind. Vielleicht wird sogar auf Nachfrage auf eine Nachzahlung verzichtet. Aber das dürften eher die Ausnahmen sein.
Diese Informationen geben den letzten uns bekannten Stand vom 22.4. wieder und sind ohne Gewähr. Informiert gerne eure Nachbarinnen und Nachbarn über die Folgen des Urteils.
Für weitere Informationen empfehlen wir:
- https://mietendeckel.berlin.de/
- https://mietendeckel.berlin.de/pressemitteilung/210420/
- https://www.test.de/Mietendeckel-in-Berlin-nichtig-Mietern-drohen-jetzt-Nachzahlungen-5573755-0/
- Der Berliner Mieterverein wird in den nächsten Tagen die wichtigsten Punkte online stellen unter https://www.berliner-mieterverein.de/
Bei allen Zweifeln ist es ratsam, sich an die bezirklichen Mieterberatungsstellen zu wenden. Wer Mitglied im Mieterverein oder der Mietergemeinschaft ist, sollte die Fragen dort klären.