Am 17. Juni, dem Jahrestag des Arbeiteraufstandes in der DDR 1953, haben knapp 300 Beschäftigte verschiedener Betriebe der sächsischen Ernährungsindustrie in Dresden für Lohngerechtigkeit und eine Angleichung demonstriert. Denn auch im 30. Jahr der Deutschen Einheit gibt es noch immer beträchtliche Lohnunterschiede zu vergleichbaren westdeutschen Betrieben und Tarifgebieten. Aufgerufen hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). In zahlreichen Betrieben wurde die Arbeit niedergelegt, teilweise bis zu 48 Stunden.
In den vergangenen Monaten haben die Beschäftigten in den Betrieben der Ernährungswirtschaft unter schwierigen Corona-Bedingungen ihre Arbeit gemacht und die Lebensmittelversorgung gesichert. Sie wurden richtigerweise als systemrelevant erklärt. Die Gewerkschaft hatte damals Verantwortung übernommen und im März geplante Streiks ausgesetzt. Nun wollen die Beschäftigten, dass sich endlich etwas ändert. Die Lohnlücke beträgt für Facharbeiter in einzelnen Betrieben bis zu 700 Euro brutto monatlich oder sogar mehr.
Aufstand für Lohngerechtigkeit
Die NGG fordert, die bestehende Lohnlücke zu schließen und hatte die Arbeitgeber bereits im Oktober 2019 in den beginnenden Lohntarifverhandlungen dazu aufgefordert, dafür eine Vereinbarung zu treffen. Bisher weigert sich der Sächsische Arbeitgeberverband Nahrung und Genuss (SANG), darüber zu verhandeln. Die Arbeitgeber lehnen einen Einstieg in die Lohnangleichung ab. Stattdessen haben sie einseitig empfohlen, die Löhne um 3% zu erhöhen, was nichts mit Angleichung zu tun hat, bestenfalls die Lohnlücke gleich lässt. Zudem fordert die NGG für die unterste Lohngruppe einen Stundenlohn von mindestens 12 Euro, um - zumindest bei Vollzeitarbeit - Armut heute und im Alter zu verhindern.
„Nach 30 Jahren deutscher Einheit muss endlich Schluss gemacht werden mit dem Billiglohnland Ost. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das sollte in Deutschland eigentlich selbstverständlich sein. Die Lohnmauer muss weg! Die Kundgebung heute setzt dafür ein klares Zeichen", erklärt Olaf Klenke, stellvertretender Vorsitzender der NGG Ost und Verhandlungsführer. „Die Beschäftigten vieler Betriebe der sächsischen Ernährungswirtschaft haben sich dafür mit den Streiks eindrucksvoll zu Wort gemeldet, um die Blockade der Arbeitgeber aufzubrechen. Sollte es weiterhin keine Bewegung geben, werden die Arbeitskampfmaßnahmen ausgeweitet."
Streikkundgebung der Beschäftigten der sächsischen Ernährungsindustrie setzt klares Zeichen für Lohnangleichung
Den 17. Juni als Tag des Arbeiteraufstandes 1953 in der DDR hat die NGG bewusst gewählt. Damals war es richtig gegen Ungerechtigkeiten aufzustehen und heute unter anderen Vorzeichen auch. In den bisher stattgefundenen Tarifverhandlungen hat die NGG deutlich gemacht, dass zum Abbau der bestehenden Lohnlücke auch über einen Stufenplan gesprochen werden kann. Dazu ist es aber nicht gekommen, weil es die Arbeitgeberseite bisher ablehnt, sich überhaupt zur Angleichung zu bekennen.
Unterstützung bekamen die Streikenden vom Vorsitzenden des DGB Sachsen, Markus Schlimbach, dem Fraktionsvorsitzenden von DIE LINKE im sächsischen Landtag, Rico Gebhardt, dem Generalsekretär der SPD Sachsen, Henning Homann, sowie der Initiative Aufbruch Ost.
Das Tarifgebiet der Ernährungsindustrie Sachsen umfasst insgesamt über 1.300 Menschen in einem Dutzend Betrieben. Dazu gehören Unternehmen wie Bautz’ner Senf (Develey), Jägermeister in Kamenz, Lausitzer Früchteverarbeitung in Sohland, Sonnländer Getränke (EDEKA) in Rötha, das Unilever Werk Auerbach, das FRoSTA-Tiefkühlwerk Elbtal, das Cargill-Ölwerk in Riesa und die Vandemoortele-Werke in Dommitzsch und Dresden.
Auch der MDR war vor Ort und hat im Sachsenspiegel über den Streiktag berichtet.
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Bildnachweise: Tino Plunert