Der für heute beim Tiefkühlproduzenten ARYZTA angekündigte Warnstreik am Standort Nordhausen wird abgesagt. Nachdem weitere Arbeitskampfmaßnahmen angekündigt wurden, hat die Arbeitgeberseite am Donnerstagabend ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt.
„Wir haben immer betont, dass wir jederzeit bereit sind, an den Verhandlungstisch zurück zu kehren, sobald die Arbeitgeberseite ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegt. Ich bin erleichtert, dass die Arbeitgeber das Signal der Warnstreiks jetzt offensichtlich verstanden haben. Es ist schade, dass es zunächst drei Streiktage benötigt hat, aber wieder einmal zeigt sich: Streik wirkt!“ so Jörg Most, Geschäftsführer der NGG in der Region Leipzig-Halle-Dessau.
Am Sonntag werde sich die Tarifkommission aus NGG-Hauptamtlichen und Beschäftigten treffen, um das Angebot zu bewerten und die weiteren Schritte zu planen. So lange seien die Streiks ausgesetzt.
Dem Angebot vorausgegangen war eine bis dahin nie dagewesene Warnstreikwelle in der Firmengeschichte von ARYZTA in Deutschland. Die zuständige Lebensmittelgewerkschaft NGG hatte seit Montag einzelne Werke und Schichten an den Standorten Eisleben und Nordhausen zum Streik aufgerufen und damit immer wieder die Produktion teilweise zum Erliegen gebracht. Insgesamt beteiligten sich an den Arbeitskampfmaßnahmen in dieser Woche rund 500 Beschäftigte.
Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft NGG fordern einen Tarifvertrag für armutsfeste Löhne. Dafür soll die unterste Lohngruppe auf mindestens 13 Euro angehoben werden und die anderen Lohngruppen entsprechend nach oben angepasst. Derzeit erhalten viele Beschäftigte für ihre anstrengende Arbeit in einem 3- oder 4 Schichtsystem nur einen Stundenlohn 10,81 Euro, wobei viele in Teilzeit arbeiten müssen.
„Ich hoffe, dass sich das Angebot nicht als Nebelkerze herausstellt und die Arbeitgeber den Ernst der Lage wirklich verstanden haben. Die Kolleginnen und Kollegen sind nicht bereit, weiter für Niedriglöhne zu schuften. Sie erwarten, dass die Verhandlungen jetzt zügig und ohne die Hinhaltetaktiken der letzten Monate fortgesetzt und zum Abschluss gebracht werden. Andernfalls werden wir unsere Arbeitskampfmaßnahmen ausweiten. Dass die Beschäftigten bereit sind zu kämpfen, haben sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt“ betont Jens Löbel, Geschäftsführer der NGG Thüringen.
Hintergrund:
In den ostdeutschen ARYZTA-Werken arbeiten derzeit über 1.800 Beschäftigte, davon 160 in Nordhausen und knapp 1.700 in verschiedenen Werken in Eisleben. In den Werken werden Tiefkühlbackwaren für Lidl, ALDI, EDEKA und andere Handelsketten produziert sowie die Gastronomie und Bäckereien. ARYZTA ist nach eigenen Angaben mit 53 Großbäckereien in 29 Ländern und weltweit etwa 19.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Bäckereiunternehmen der Welt und europäischer Marktführer für Tiefkühlbackwaren.
In Deutschland arbeiten mehr als 3.000 Menschen für das Unternehmen und produzieren 5.000 verschiedene Backartikel. Täglich werden nach Angaben des Unternehmens 10 bis 15 Millionen Produkte hergestellt. In den alten Bundesländern gibt es den Standort in Gerolzhofen (Bayern).
In der vierten und letzten Tarifverhandlung für die ostdeutschen Standorte Eisleben und Nordhausen am 19. Juli 2021 konnte kein Ergebnis erzielt werden.