Am vergangenen Sonntag fand die vom November letzten Jahres vertagte Tarifrunde für einen neuen Entgelttarifvertrag für die ca. 30.000 Beschäftigten im Thüringer Gastgewerbe statt.
Gerade gegenwärtig ist das Gastgewerbe immer noch im Umsatztief, der seit 24 Monaten andauernden Corona-Pandemie, die Inflationsrate steigt auf ein Rekordniveau, wovon auch die Mitarbeiter massiv betroffen sind, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Einkommensminderung durch Kurzarbeit in den vergangenen beiden Jahren.
In Verantwortung für das Gastgewerbe im Freistaat Thüringen und zur Sicherung der Fachkräfte aber auch vor dem Hintergrund die Branche nach der Pandemie als Arbeitgeber wieder attraktiv zu machen, erreichten die Tarifparteien in der Verhandlungsrunde den Durchbruch.
Zu Beginn der Verhandlungen lagen die Positionen der Tarifvertragsparteien weit auseinander. In einer intensiven und konstruktiven Verhandlung konnte ein guter Tarifabschluss für das Thüringer Gastgewerbe bis zum 30.04.2024 erreicht werden.
Insgesamt steigen während der gesamten Laufzeit für alle Beschäftigten die Entgelte um 22,5 Prozent an. Im Einzelnen sind dazu folgende Schritte vorgesehen:
01.04.2022 8,0 Prozent
01.10.2022 8,5 Prozent
01.04.2023 3,0 Prozent
01.10.2023 3,0 Prozent
Damit beträgt das Einstiegsgehalt im Oktober dieses Jahres für ungelernte Kräfte 12,30 € pro Stunde und steigt dann weiter in zwei Stufen auf 13,05 € pro Stunde im Oktober 2023. Für Facharbeiter beträgt der Einstiegslohn im Oktober dieses Jahres 13,20 € pro Stunde und steigt dann weiter in zwei Stufen auf 14,01 € pro Stunde im Oktober 2023. Damit beträgt der Ecklohn nach der letzten Stufe 2.424 € pro Monat.
„Es war uns wichtig“, so Mark A. Kühnelt, Präsident des DEHOGA Thüringen e.V., „gerade vor den aktuellen Herausforderungen nach zwei Jahren der massiven Einschränkungen und Belastungen unserer Branche durch die Pandemie für die Unternehmen, aber auch für die Mitarbeiter, eine Perspektive zu bieten, dass die Branche als Arbeitgeber attraktiv ist. Es geht uns dabei um die Wertschätzung der Unternehmer und unserer Mitarbeiter gleichermaßen. Wir bitten um Verständnis bei unseren Kunden und Gästen für die sich nicht nur daraus ergebenden, aber dringend erforderlichen Preisanpassungen.“
Dirk Ellinger, Hauptgeschäftsführer des DEHOGA Thüringen und Verhandlungsführer, führt aus: „Unsere Mitgliedsunternehmen wollen gern angemessene Vergütungen zahlen, brauchen aber auch Planungssicherheit. Die von uns seit Sommer letzten Jahres so dringend geforderte Perspektive für unsere Branche ist seitens der Politik durch immer wieder neue, teilweise sich wiedersprechende und kaum verständliche Regeln, nicht gegeben worden. Wir dürfen endlich im 24. Monat der Pandemie, wie dies in anderen europäischen Ländern bereits umgesetzt wird, die Rücknahme der massiven Einschränkungen für unsere Branche verlangen, um unter normalen Bedingungen wieder arbeiten zu können. Leider zeigt der schreckliche Krieg in der Ukraine einmal mehr, dass wir auch im Gastgewerbe damit vor neuen Herausforderungen stehen.“
„Die Kolleginnen und Kollegen der Hotellerie und Gastronomie haben harte Monate hinter sich. Mit Blick auf die Unsicherheiten in diesen Tagen sind vielfach Kurzarbeit und weiterhin bestehende Unwägbarkeiten in der Branche noch bei weitem nicht überstanden. Wir sind froh darüber, dass wir mit diesem Abschluss Vertrauen darin schaffen, dass sich Ausbildung und Arbeit im Gastgewerbe in Thüringen lohnen kann.“, bekräftigt der Verhandlungsführer der NGG Ost, Uwe Ledwig.
Starkes Signal auch für Ausbildung im Gastgewerbe
Da es für die Zukunft des Gastgewerbes wichtig ist, die Branche für Auszubildende attraktiv zu machen, steigen die Ausbildungsvergütungen während der Laufzeit zwischen 15 und 18 Prozent.
Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von Morgen. Der DEHOGA Thüringen engagiert sich mit seinem KOMPETENZZENTRUM sehr stark bei der Ausbildung im Gastgewerbe.
Aber auch die Ausbildungsvergütungen stehen eben im Blickfeld junger Menschen.
01.08.2022 01.08.2023
1. Ausbildungsjahr 900,00 € 950,00 €
2. Ausbildungsjahr 1.000,00 € 1.050,00 €
3. Ausbildungsjahr 1.100,00 € 1.150,00 €
Die Pandemie hat junge Menschen darin verunsichert, sich für eine Ausbildung im Hotel- und Gastgewerbe zu entscheiden. Ein Problem, mit dem die Branche bereits vor der Pandemie konfrontiert war. „Wir wollen alle, dass es auch weiterhin ein wirtschaftlich gesundes Gastgewerbe in Thüringen gibt. Dazu braucht es attraktive Bedingungen für Auszubildende, damit sich junge Menschen wieder für eine Ausbildung in der Branche entscheiden. Mit dem Lohnplus für Auszubildende gewinnt die Ausbildung im Hotel- und Restaurantfach nicht nur an Attraktivität, der Abschluss steuert dem Nachwuchsmangel positiv entgegen.“, so Caroline Witzel, Landesjugendsekretärin der NGG Ost.
Klare Forderungen an Bundes- und Landesregierung
Nach den aktuellen Umfragen des DEHOGA Thüringen lag der Durchschnittsumsatz der geöffneten Betriebe im Thüringer Gastgewerbe im Januar 2022 bei 46 Prozent, im Februar bei 62 Prozent der vergleichbaren Monate im Jahr 2019, also vor der Corona-Krise.
„Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen im Restaurant sollte die Folgen der Pandemie lindern, jedoch war in den vergangenen Monaten die Umsatzerzielung nur sehr eingeschränkt, teilweise gar nicht möglich. Die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung wäre jetzt nicht nur ein Mut machendes Signal und ein Zeichen der Wertschätzung der Branche, sondern eine Maßnahme, die die Ertragskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt. Für die Zukunftssicherung unserer Familienbetriebe und Restaurants erwarten wir, dass alle Speisen unabhängig von der Art der Zubereitung und des Verzehrortes dauerhaft gleichbehandelt werden.“, so Kühnelt abschließend.