Die Lohnsituation der Beschäftigten beim Backwarenkonzern Aryzta an den ostdeutschen Standorten Eisleben und Nordhausen ist spätestens durch die Inflation untragbar geworden. Weil der Entgelttarifvertrag bis Ende 2024 läuft, wollen die Beschäftigten nun einen neuen Manteltarifvertrag erkämpfen.
Als der aktuelle Entgelttarifvertrag im August 2021 abgeschlossen wurde, war weder die Rekordinflation noch die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro absehbar. Nun stecken die Beschäftigten in einer schlechten Lage. Über zwei Jahre überstieg die Inflation die Tabellenerhöhungen, so dass die Mitarbeitenden 10% Reallohnverlust verzeichnen musste. Der Ecklohn für qualifizierte Facharbeiter*Innen liegt mittlerweile nur 1,46€ über dem Mindestlohn. Ein Beispiel zum Vergleich: Für dieselbe Arbeit erhalten die Kolleg*Innen im bayerischen Gerolzhofen jeden Monat ca. 1.000€ (!) mehr Geld.
Trotz dieser unvorhersehbaren Entwicklungen weigert sich die Arbeitgeberseite, vorzeitig einen neuen Entgelttarifvertrag zu verhandeln. Nun wird ein neuer Manteltarifvertrag verhandelt. Die Forderungen im Detail:
- Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf 7 Stunden täglich bei einer 5-Tage Woche
- Zahlung eines Mehrarbeitszuschlags in Höhe von 42% mit Beginn der achten Stunde am Tag
- bei Nachtarbeit von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr und von 04.00 Uhr bis 6.00 Uhr Zuschläge von 30 %, von 00.00 Uhr bis 4.00 Uhr von 48 %
- für Arbeit an Samstagen gibt es einen Zuschlag von 25% und an Sonntagen von 60%
- Zuschlag für Arbeit an Feiertagen, auch wenn sie auf einen Sonntag fallen, von 240 %. Beim Zusammentreffen einer der Zuschlagsarten mit einem Zuschlag für Mehrarbeit und/oder Nachtarbeit sind beide Zuschläge zu zahlen. Für die Zuschlagsarten gilt das Zeitfenster von 00.00 - 24.00 Uhr
- Urlaubsanspruch von 36 Arbeitstagen, zuzüglich 5 Urlaubstage ab dem vollendeten fünfzigsten Lebensjahr
- bezahlte Pausen für Schichtarbeit und gestaffelt Schichtfreizeiten bei Schichtarbeit
- Jahressonderzuwendung – gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit von 50% – 120% eines Monatsentgelts
- Gewährung eines Urlaubsgelds in Höhe von 50 -70% eines Monatsentgelts
- Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen und Vereinbarung eines Schutzes vor betriebsbedingten Kündigungen ab dem vollendeten fünfzigsten Lebensjahr und einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren. Analog soll auch ein Schutz von Abgruppierung bei Arbeitsplatzwechsel wegen verminderter Leistungsfähigkeit vereinbart werden.
- 2 freie Tage vor Zwischen-und Abschlussprüfungen für Azubis
- Für Auszubildene Prämien zwischen 300-1000€ für bestandene Zwischen- und Abschlussprüfungen, gestaffelt nach Prädikat, sowie Prämien nach Übernahme in Abhängigkeit des Verbleibs im Betrieb.
„Die Forderungen sind hoch und richtig“, so Uwe Ledwig, Landesbezirksvorsitzender der Gewerkschaft NGG im Osten. „Nach 33 Jahren Wende muss auch bei Aryzta eine Lohngerechtigkeit herbeigeführt werden. Die Abwehrhaltung beim ETV muss jetzt mit den Verhandlungen zum MTV aufgebrochen werden“.
Die erste Verhandlung ist für den 10. August angesetzt.