Warnstreik im Eberswalder Traditions-FleischwerkStreik gegen Tönnies‘ „Niedriglohndiktat“

24. Juni 2025

Nach sieben Runden sind die Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag beim Hersteller der Traditionsmarke „Eberswalder Wurst“ gescheitert. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ruft die Beschäftigten heute erstmals zu Streiks auf.

Harte Arbeit verrichten die Beschäftigten bei Tönnies in Eberswalde. Die Werkshallen sind kalt, die Glieder frieren und das Licht ist künstlich. Sie stellen die in ganz Ostdeutschland beliebte Eberswalder Wurst her. Doch seit das Werk 2023 vom Fleisch-Giganten Tönnies übernommen wurde, haben sie keinen Tarifvertrag mehr. In langwierigen Verhandlungen versuchte die Gewerkschaft NGG das zu ändern, insgesamt sieben Mal saßen Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter zusammen.

Doch nun sei man an einem toten Punkt angelangt, stellt NGG-Verhandlungsführer Veit Groß fest: „Als nach all den zähen Verhandlungen endlich ein konkretes Angebot kam, waren wir fassungslos: Mindestlohn oder wenige Cent darüber für einen großen Teil der Belegschaft. Auf dieser Grundlage gibt es nichts weiter zu besprechen“.

Besonders sauer stößt der Gewerkschaft NGG auf, dass der Arbeitgeber viele Beschäftigte in neue Lohngruppen stecken will, die niedriger bezahlt werden sollen. Vor einer Lohnkürzung würden sie zwar durch eine sogenannte Besitzstandsklausel geschützt, ihr Lohn würde also nicht sinken. Doch von zukünftigen Lohnerhöhungen würden sie so lange „wenig bis nichts“ sehen, bis diese Besitzstände abgeschmolzen seien, erklärt Groß.

Das Argument des Arbeitgebers, dass es in dem Werk einen hohen Investitionsbedarf gebe, lässt Groß indes nicht gelten: Arbeit sei mehr als genug vorhanden, die laut Arbeitgeber defizitäre Frischfleisch-Abteilung sei bereits geschlossen worden. „Jeder Mensch mit Augen im Kopf konnte sehen, dass es Investitionsbedarf im Werk gibt – das wusste auch die Zur-Mühlen-Gruppe vor dem Kauf. Jetzt sollen diese Investitionen von den Beschäftigten durch Niedriglöhne bis zum Sankt-Nimmerleinstag finanziert werden?“

Der heutige Warnstreik ab 13.00 Uhr ist ein kurzer Ausstand, der als Auftakt für größere Streiks geplant ist, die die Gewerkschaft für den Fall androht, dass der Arbeitgeber kein „verhandlungsfähiges Angebot“ vorlege. „Wir sind zu Gesprächen bereit, aber ein „Niedriglohndiktat“ werden wir nicht akzeptieren“, so Groß weiter.

Hintergrund

Seit 2023 gehört das Fleischwerk in Britz der „Zur-Mühlen-Gruppe“, der Wurstwarensparte des Fleisch-Giganten Tönnies. Hier stellen über 500 Beschäftigte unter anderem Wurst der ostdeutschen Traditionsmarke „Eberswalder“ her. Das Werk blickt auf eine lange Geschichte zurück, es war zu DDR-Zeiten eines der größten Fleischwerke Europas mit über 2000 Beschäftigten.